Visual Studio 2012

Effizientere IDE für moderne Anwendungen

Peter Vogel

 

Da Visual Studio 2012 Professional verschiedene neue Technologien unterstützt (zum Beispiel Windows Store-Apps und die Web-API für ASP.NET), konnte das Visual Studio-Team die Gelegenheit nutzen und sich auf die Entwicklung einer „besseren IDE“ konzentrieren. Das Team begann mit einer Überarbeitung der Benutzeroberfläche. Obwohl diese Überarbeitung der Benutzeroberfläche in Visual Studio 2012 nicht so drastisch ausfällt wie die Veränderung, die Microsoft an den Windows Store-Apps vorgenommen hat, enthält sie doch wesentliche Neuerungen. Natürlich gibt es neben der Benutzeroberfläche noch zahlreiche andere Verbesserungen, aber zunächst sprechen wir über die Gründe für diese Änderungen.

Die „bessere IDE“ von Visual Studio 2012 setzt den Schwerpunkt auf drei Ziele, um Ihre Produktivität zu erhöhen: nicht benötigte Komponenten („Überfrachtung“) reduzieren, häufige Aufgaben vereinfachen und die Nutzbarkeit verbessern. Während der neuen monochromen Benutzeroberfläche sowie den Großbuchstaben in den Menüs der Hauptebene die meiste Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, bleiben andere, deutlich wichtigere Veränderungen geradezu unbemerkt. So ist beispielsweise die Anzahl der Symbolleisten, die bei einem Moduswechsel in Visual Studio eingeblendet werden, in Visual Studio 2012 massiv verringert worden (siehe Abbildung 1). Neben dieser Reduzierung der Symbolleisten besteht das praktischere Ergebnis darin, dass auf dem Bildschirm mehr Codezeilen angezeigt werden können. Das wiederum führt dazu, dass weniger Bildläufe nach oben und nach unten ausgeführt werden müssen. Dadurch können sich die Entwickler besser auf „die gesamte Methode“ konzentrieren, sodass eine sehr gängige Aufgabe vereinfacht wird, nämlich das Schreiben von Code. Diese Veränderung scheint trivial, aber sie spiegelt die Richtung vieler Neuerungen in Visual Studio 2012 wider.

Reduced Color and Chrome Make Code Highlights Stand out More
Abbildung 1: Durch weniger Farbe und Chrom ist hervorgehobener Code noch besser zu sehen

Zugreifen auf Code

Der Zugriff auf Code ist ein Hauptfeature bei der neuen Visual Studio 2012-Benutzerfreundlichkeit. Wenn Sie bei ausgewählter Schaltfläche für die Vorschau auf eine Datei im Projektmappen-Explorer klicken, stellen Sie gleich fest, dass in Visual Studio 2012 die Dateien nun per Einfachklick (anstelle des Doppelklicks) geöffnet werden. Durch einfaches Klicken auf eine Codedatei wird eine Dateivorschau angezeigt (als visueller Hinweis darauf ist die Fensterregisterkarte rechts im Registerkartenbereich eingeblendet). Wenn Sie eine andere Datei im Projektmappen-Explorer per Einfachklick auswählen, wird die vorherige Vorschau verworfen, und es wird eine Vorschau für die neue Datei angezeigt. Falls Sie eine Änderung an einer Datei vornehmen, die in der Vorschau angezeigt wird, wechselt die Registerkarte auf die linke Seite, und die Datei bleibt im Bearbeitungsmodus geöffnet.

Jedoch ist die Suche nach Codeabschnitten durch Klicken auf die einzelnen Dateien wenig effizient; die in einigen der Toolfenster enthaltenen neuen Such- und Filteroptionen sind eine effektivere Möglichkeit zum Suchen. Das offensichtlichste Beispiel dafür ist das Textfeld für die Projektmappensuche, das sich ganz oben im Projektmappen-Explorer befindet. Damit können Sie nach Dateinamen und – vor allem – nach Membernamen in jedem Projekt der Projektmappe suchen (jedoch nicht bei ASP.NET-Websiteprojekten). Es ist nicht länger erforderlich, ein neues Fenster für die Textsuche zu öffnen. Im Ergebnis ist weniger „Überfrachtung“ vorhanden, und eine häufig ausgeführte Aufgabe wird vereinfacht.

Ein weiterer Schritt hin zu weniger „Überfrachtung“ und verbesserter Benutzerfreundlichkeit zeigt sich darin, dass der Projektmappen-Explorer nun neben dem Suchfenster auch Features der Klassenansicht mit der herkömmlichen dateibasierten Ansicht des Projektmappen-Explorers kombiniert, sodass Sie per Drilldown die einzelnen Member in den Dateien aufrufen können (siehe Abbildung 2). Dieses Feature wird durch die neue Schaltfläche „Home“ oben im Projektmappen-Explorer vervollständigt, die eine Rückkehr zur standardmäßigen Dateiliste im Explorer ermöglicht.

Solution Explorer Now Acts as a Kind of Object Browser
Abbildung 2: Der Projektmappen-Explorer fungiert nun als eine Art Objektkatalog

Der Schnellstart (wird auf der rechten Seite der Menüleiste angezeigt) erscheint mir weniger nützlich zu sein. Mit dem Schnellstart wird nach Visual Studio-Ressourcen gesucht, nicht nach Projektressourcen. Wenn Sie per Schlüsselwort nach Menüs oder Visual Studio-Optionen suchen, finden Sie mit dem Schnellstart das passende Visual Studio-Element und können dieses direkt aufrufen. Ich bin mir nicht sicher, wie häufig ich das machen werde – aber vielleicht spornt mich der Schnellstart an, dies häufiger zu tun.

IntelliSense-Erweiterung

Die Suchparameter von IntelliSense werden ständig erweitert, damit Sie Klassen und Member einfacher finden können. Sobald Sie etwas eingeben, vergleicht IntelliSense nicht nur einzelne Teile eines Worts, sondern gleicht auch selektiv jeden Großbuchstaben in den Bezeichnungen von Klassen und Membern ab. Wenn Sie beispielsweise in einer ASPX-Datei die Buchstaben „oc“ eingeben, wird eine IntelliSense-Liste mit OutputCache angezeigt.

CSS ruft IntelliSense in dieser Version ab, und Webentwickler werden feststellen, dass die neuen HTML5-Tags von IntelliSense erkannt werden. ASP.NET-Entwickler werden sogar beim Eingeben von Bindungsausdrücken unterstützt. SharePoint-Entwickler, die Sandkastenlösungen erstellen, werden eine Verkürzung der Listen feststellen, denn in Sandkastenlösungen werden keine rein farmbezogenen Elemente für Code aufgeführt.

Der Großteil der IntelliSense-Unterstützung betrifft jedoch JavaScript. JavaScript-Kommentare sind in Visual Studio 2012 nun automatisch in der IntelliSense-Unterstützung für JavaScript-Funktionen und -Variablen enthalten. Wenn Sie in Ihrem JavaScript-Code mit XML-Kommentaren arbeiten, stehen Ihnen neue Optionen zur Erzeugung der IntelliSense-Unterstützung für überladene Funktionen zur Verfügung. In Visual Studio 2012 wird sogar der Versuch unternommen, IntelliSense für dynamisch geladene Skriptdateien bereitzustellen. Wählen Sie einen JavaScript-Funktionsaufruf aus, und drücken Sie die F12-TASTE (oder wählen Sie im Kontextmenü die Option „Go to Definition“ aus). So gelangen Sie zu der Datei, in der die Funktion enthalten ist (außer bei generiertem Code). Nicht die gesamte JavaScript-Unterstützung ist gleichermaßen hilfreich: Falls der Datentyp für eine Variable von Visual Studio 2012 nicht bestimmt werden kann, listet IntelliSense häufig einfach jede verfügbare JavaScript-Entität auf.

ASP.NET- und ASP.NET MVC-Entwickler

ASP.NET MVC-Entwickler werden die neuen Projektvorlagen zu schätzen wissen, die beim Erstellen mobiler Apps (einschließlich der mobilen jQuery-Bibliotheken) sowie von Apps, die die ASP.NET-Web-API unterstützen, hilfreich sind. Ein weiterer Projekttyp unterstützt die Microsoft-Einzelseitenanwendung (Single Page Application) auf Clientseite, in die mehrere JavaScript-APIs – die Knockout-Bibliothek zur Datenbindung nach dem MVVM-Muster (Model-View-ViewModel), die Verlaufs-API in HTML5 sowie die Microsoft Upshot-Bibliothek zum Verwalten von heruntergeladenen Objekten – integriert sind, um die Entwicklung von AJAX-Apps zu unterstützen. Wenn Sie mit der Microsoft-Auswahl der JavaScript-Bibliotheken zufrieden sind – und das ist eine gute Auswahl –, müssen Sie Ihren eigenen Technologiesatz nicht länger von Grund auf selbst zusammenstellen.

In Visual Studio 2012 wird nun JavaScript-Code für Web- und SharePoint-Entwickler automatisch formatiert. Sollten Sie mit einem anderen Standard für die JavaScript-Formatierung arbeiten, müssen Sie das genannte Feature unter „Tools | Options“ deaktivieren oder Ihre Erwartungen herunterschrauben.

Visual Studio 2012 unterstützt die neuen HTML5-Tags, die ASP.NET-Seite default.aspx enthält sogar Tags für Abschnitte. Entwickler müssen nun nicht länger <span>- und <div>-Tags mithilfe von freigegebenen CSS-Klassen zur Identifizierung der Seitenstruktur zwingen, sondern können stattdessen für diese Aufgabe geeignete Tags verwenden. IntelliSense für ältere HTML-Tags unterstützt die neuen HTML5-Attribute (einschließlich der Attribute für benutzerdefinierte Daten und der Accessible Rich Internet Applications (ARIA)-Attribute als Eingabehilfe). Wichtig ist natürlich auch, dass der Browser diese neuen Tags und Attribute erkennt.

Seitenprüfung

Die Hauptneuerung für Webentwickler liegt im Debugging. Sie können Ihre ASP.NET- und ASP.NET MVC-Anwendungen nach wie vor mit der F5-TASTE debuggen. Allerdings ist mit der neuen Dropdownliste in der Debugging-Symbolleiste das Wechseln zwischen den Browsern vereinfacht worden, da automatisch alle auf dem Computer installierten Browser aufgeführt sind. Das wahre Juwel dieser Liste ist jedoch die Seitenprüfung. Sie wird die Art und Weise verändern, auf die Webentwickler Probleme in ihren Seiten beheben.

Der typische Debugging-Prozess für eine ASP.NET-Seite umfasst sieben Schritte: Seite im Browser öffnen, ein Problem sehen, den Fehler schätzen, Browser schließen, Problembehebung anwenden, die Seite im Browser (erneut) öffnen und schauen, ob das Problem behoben ist. Mit der Seitenprüfung wird dieser gesamte Prozess verkürzt: Sie klicken einfach mit der rechten Maustaste auf eine Seite (.aspx, .cshtml oder .vbhtml) im Projektmappen-Explorer und wählen in der Seitenprüfung die Option zum Anzeigen aus. Nachfolgend rekonfiguriert sich Visual Studio 2012 selbst in mehrere neue Bereiche. In diesen werden Ihre Seite während des Renderns im Browser, die von Ihnen ausgewählte Quelldatei, eine Strukturansicht des an den Browser gesendeten HTML-Codes sowie eine interaktive Ansicht der auf die Seite angewendeten CSS angezeigt, und zwar alles live (siehe Abbildung 3).

Page Inspector Shows All the Markup that Controls How the Page Is Rendered
Abbildung 3: Die Seitenprüfung zeigt die Markups, mit denen das Rendern der Seite gesteuert wird

Wenn Sie den Cursor in der Browseransicht von Ort zu Ort bewegen, werden die HTML- und CSS-Bereiche aktualisiert. So wird Ihnen angezeigt, was zu dem beiträgt, was Sie im Browser sehen. Die Quelldatei wird nicht verändert und an die Browseransicht angepasst, sie bleibt aktualisierbar. Nehmen Sie eine Änderung an der Quelldatei vor, wird die Browseransicht aktualisiert, um das Ergebnis Ihrer Veränderung darzustellen. In der CSS-Ansicht können Sie Regeln deaktivieren oder durch Anklicken einer Regel zur CSS-Datei wechseln, in der die Regel enthalten ist. Wenn Sie dort eine Regel ändern, wird die Seite neu angezeigt und bildet das Ergebnis Ihrer Änderung ab.

Das ist keine perfekte Lösung, denn die Ansicht ist eng (sogar auf einem 17-Zoll-Monitor), und die Seitenprüfung hat scheinbar Probleme mit der absoluten Positionierung in Stylesheets (vermutlich sollten Sie die absolute Positionierung aber sowieso nicht nutzen). Aber auch mit diesen Einschränkungen ist die Seitenprüfung ein Tool, ohne dass ich nicht mehr leben kann.

Testen

Die Webentwickler erhalten ein verbessertes Debugging, und alle anderen profitieren von der erweiterten Unterstützung für die testgesteuerte Entwicklung (Test-Driven Development, TDD). Das alte Fenster für die Testausgabe ist durch einen neuen Test-Explorer ersetzt worden (siehe Abbildung 4), der über „Test | Windows“ verfügbar ist und die meisten TDD-Aktivitäten zentralisiert. Der Test-Explorer führt die Status aller Tests vom letzten Testlauf auf, einschließlich der Dauer der einzelnen Tests (so erkennen Sie frühzeitig mögliche Leistungsengpässe). Durch Klicken auf einen fehlerhaften Test im Test-Explorer zeigen Sie Informationen zum Test unten im Test-Explorer an. Wenn Sie auf einen Test im Test-Explorer doppelklicken, wird dessen Code aufgerufen, sodass Sie diesen debuggen können. Wird die Testliste sehr lang, können Sie nach Schlüsselwort filtern. Dann werden alle fehlerhaften Tests im Test-Explorer gruppiert, anstatt sie zusammen mit allen anderen Tests anzuzeigen. Zudem werden auch alle mit dem Attribut „Ignore“ versehenen Tests aufgeführt (und nicht einfach schweigend übersprungen).

Test Explorer Provides a More Interactive Way to View and Run Tests
Abbildung 4: Der Test-Explorer bietet eine interaktivere Möglichkeit, um Tests anzuzeigen und auszuführen

Zudem bietet der Test-Explorer eine neue Option für die Testausführung: zum Ausführen aller bisher nicht durchgeführten Tests. Zu Beginn werden alle Tests in der Kategorie „Not Run“ gestartet. Beim Ausführen dieser Tests, mit denen Sie Ihren neuen Code testen, wechseln einige Tests (am Ende) in die Kategorie „Passed“. Sobald Sie geprüft haben, dass Ihr neuer Code funktioniert, können Sie mit der Option „Run Not Run Tests“ die bisher nicht ausgeführten Tests durchführen. So können Sie sichergehen, dass im alten Code keine neuen Fehler vorhanden sind. Der Test-Explorer ist ein weiteres Beispiel dafür, dass häufige Aufgaben vereinfacht und die „visuelle Überfrachtung“ in der Benutzeroberfläche verringert werden können.

Die wichtigste Neuerung beim Testen ist leider nur in Visual Studio 2012 Ultimate verfügbar: Nach jeder Erstellung werden Ihre Tests automatisch ausgeführt. In den Versionen Ultimate und Premium wird auch die Codeabdeckung für Tests unterstützt (sodass Sie die nicht getesteten Codezeilen sehen können). Meiner Ansicht nach handelt es sich hier aber bestenfalls um ein Tool mit fraglichem Nutzen (einige Profi-Entwickler stimmen dem jedoch nicht zu).

Und, natürlich, Windows 8

Wenig überraschend hat Microsoft eine gute Unterstützung für Entwickler bereitgestellt, die Anwendungen für Windows 8 entwickeln. Sie benötigen eine Windows 8-Entwicklerlizenz, um diese Anwendungen zu entwickeln, und Visual Studio 2012 bietet Ihnen einen Assistenten, der Sie bei der erstmaligen Auswahl dieses Projekttyps durch das Verfahren der Lizenzbeantragung leitet.

Visual Studio 2012 verfügt über sechs Projekttypen für Windows Store-Apps: drei Benutzeroberflächen (leer, gerastert und geteilt), eine Klassenbibliothek, eine sprachunabhängige Komponente für Windows-Runtime und eine Testbibliothek. Die Vielzahl der Projekttypen legt nahe, dass Windows Store-Apps in einer eigenen Welt leben.

Wie die Webanwendungsunterstützung für mehrere Browser können Sie auch Windows Store-Apps in zahlreichen Umgebungen debuggen. Dazu wählen Sie die gewünschte Umgebung aus einer Dropdownliste auf der Symbolleiste aus. Als Standardumgebung wird „Local Machine“ gewählt, aber Sie können sich auch für „Simulator“ entscheiden. Dann wird der einem Tablet PC ähnliche Simulator von Microsoft gestartet, wie in Abbildung 5 abgebildet.

The Simulator Option for Testing Windows Store Applications Mimics a Tablet
Abbildung 5: Die Simulatoroption zum Testen von Windows Store-Apps ist einem Tablet PC nachempfunden

Auf der rechten Seite des Simulators können Sie Ihre Maus mithilfe von Schaltflächen in verschiedene Arten von Zeigern verwandeln, die Touch-Interaktionen mit der Anwendung simulieren (vorausgesetzt, Sie haben keinen Touchscreen für Ihren Entwicklungscomputer). Über eine weitere Schaltfläche legen Sie den Standort für den simulierten Tablet PC anhand von Längen- und Breitengrad sowie Höhenangabe zum Testen von standortbasierten Anwendungen fest. Die Schaltflächen „Rotate Clockwise“ und „Rotate CounterClockwise“ ermöglichen es Ihnen, zwischen Hoch- und Querformat für den Tablet PC zu wechseln. Es gibt sogar eine Schaltfläche, mit der Sie einen Screenshot der Tablet-Simulation erfassen und in der Windows-Zwischenablage ablegen können. Die Verwendung des Simulators ist nicht dasselbe wie ein Test auf einem realen physischen Gerät, aber es reicht für die anfänglichen Tests aus. Außerdem ist es so nicht erforderlich, die App auf ein anderes Gerät zu übertragen, nur um einen einfachen Test auszuführen.

Neuer Ansatz für die Benutzeroberfläche

Es wurde bereits viel über die verringerte „visuelle Überfrachtung“ in der Benutzeroberfläche von Visual Studio 2012 gesagt, und zwar so viel, dass Microsoft zwischen der Beta-Version und dem RC (Release Candidate) wieder einige farbige Tupfer hinzugefügt hat. Im Allgemeinen ist es das Ziel bei jeder Benutzeroberflächenentwicklung, dass ähnliche Elemente gleich aussehen (das heißt, alle Menüelemente sollten gleich aussehen, ebenso alle Schaltflächen) und verschiedene Elemente unterschiedlich aussehen (das heißt, Schaltflächen und Menüelemente sollten unterschiedlich aussehen). Es scheint, dass Visual Studio 2012 RC ein gutes Gleichgewicht dabei erzielt hat, die Elemente angemessen (und offensichtlich) gleich und unterschiedlich aussehen zu lassen. Es wird in einigen Jahren interessant sein, zu erfahren, ob Entwickler die früheren Versionen von Visual Studio als bunt und grell beschreiben.

Obwohl das Farbschema der Benutzeroberfläche einige Diskussionen füllte, wurde mehr zur Entscheidung von Microsoft gesagt, die Menüelemente der Hauptebene gänzlich in Großbuchstaben zu präsentieren, damit sich das Menü von der Masse an Symbolleisten abhebt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass erwachsene Leser die Wörter teilweise anhand der Form der Oberlängen (d, b und f) und der Unterlängen (g und y) erkennen, wenn die Wörter in Groß- und Kleinbuchstaben dargestellt sind. Bei Großbuchstaben haben natürlich alle Wörter die gleiche Form: rechteckig. In Visual Studio 2012 würde jedoch niemand das, was die Entwickler beim Zugreifen auf ein Menü tun, als „lesen“ bezeichnen. Da die Position der Menüelemente fest ist (File, Edit, View, Window, Help), finden Entwickler die Menüs vermutlich ebenso anhand der Position wie anhand des tatsächlichen Texts des jeweiligen Menüelements.

Erfahrene Benutzer zeigen sich grundsätzlich von jeder Änderung gestört, aber die eigentliche Auswirkung der Großbuchstaben wird sich bei neuen Benutzern zeigen. Macht sich die verringerte individuelle Wiedererkennbarkeit der Menüelemente in Form einer erhöhten „Maus-Treffsicherheit“ bezahlt?

In der Zwischenzeit sind mehrere Registrierungsbearbeitungen und Visual Studio 2012-Erweiterungen veröffentlicht worden, mit denen Entwickler die Menüelemente der Hauptebene wieder in Groß- und Kleinbuchstaben anzeigen können. Mit einer Option in der endgültigen Version von Visual Studio 2012 sind sicherlich alle zufrieden.

Blend für Visual Studio … und Windows Store-Apps

Ein Teil der Unterstützung beim Erstellen von Windows Store-Apps besteht darin, Blend für Visual Studio mit dem Visual Studio 2012-Paket zu bündeln. Blend ist jedoch ein optionales Element, Sie müssen also die Option für die benutzerdefinierte Installation wählen, damit Blend in die Visual Studio 2012-Installation eingebunden wird. Interessanterweise unterstützt Blend zwar sowohl XAML als auch Windows Presentation Foundation (WPF), ist aber aus Visual Studio 2012 heraus ausschließlich für die Entwicklung von Windows Store-Apps verfügbar.

Obwohl Blend mit Visual Studio 2012 ausgeliefert wird, kann nicht von einer Integration in Visual Studio 2012 gesprochen werden. Wenn Sie mit der rechten Maustaste auf eine Benutzeroberflächendatei in einer Windows Store-App klicken, können Sie die Option „Open in Blend“ aufrufen. Durch die Auswahl dieser Option wird Blend in einem neuen Fenster geöffnet. Glücklicherweise wird die Dateiliste des Projekts in Blend übernommen, sodass Sie Ihre Dateien bearbeiten können, ohne zu Visual Studio 2012 zurückkehren zu müssen (sollten Sie zu Visual Studio 2012 zurückwechseln, erhalten Sie für die mit Blend geänderten Dateien eine Meldung, die Sie informiert, dass die Datei außerhalb von Visual Studio aktualisiert worden ist). Die in Blend hinzugefügten Projektdateien werden dem Visual Studio 2012-Projekt ebenfalls hinzugefügt. Aber beim Wechseln zwischen den beiden Fenstern sollten Sie dennoch aufpassen: Sie können in Visual Studio 2012 eine andere Projektmappe aufrufen, und Blend nimmt davon weder Notiz noch reagiert darauf. Nachdem das alles gesagt ist, können Sie mit Blend viele Dinge grafisch umsetzen, die Sie ansonsten zur direkten Arbeit mit XAML zwingen würden.

Weitere Funktionen: Mehrere Monitore, Debugging, Windows Azure und SharePoint

Natürlich gibt es noch mehr. Sie können Fenster aus Visual Studio 2012 lösen und dann aneinanderheften (bei Microsoft heißt das „per Rafting andocken“). Anschließend können Sie die per Rafting angedockten Fenster an die gewünschte Position oder auf den gewünschten Monitor ziehen. Die Debugging-Fenster sind sehr viel threadbezogener, und Sie können die für Sie interessanten Threads markieren und die Anzeige auf diese Threads beschränken, was sehr nützlich sein kann.

Windows Azure-Entwicklern wird eine bessere Integration zwischen dem Windows Azure Platform-Verwaltungsportal und Visual Studio 2012 geboten. Zum Verschieben einer ASP.NET MVC-App in die Cloud sind nur wenige Mausklicks erforderlich, zudem müssen Sie Visual Studio nicht verlassen, um das Windows Azure-Verwaltungsportal zu nutzen. Allerdings erfüllt Visual Studio 2012 Professional nicht alle Anforderungen eines Windows Azure-Entwicklers. Wenn Sie eine Datenbank in die Cloud laden möchten (entweder nur das Schema oder Schema und Daten), ist ein Download des Windows Azure SQL-Datenbankmigrations-Assistenten aus CodePlex erforderlich (bit.ly/bYN8Vb).

SharePoint-Entwicklern werden neue Vorlagen für Websitespalten und Inhaltstypen bereitgestellt – grundlegende Bausteine für SharePoint-Websites. Weiterhin ist in Visual Studio 2012 ein visueller Listen-Designer für SharePoint enthalten, der beinahe so gut ist wie der von SharePoint. SharePoint-Entwickler können außerdem ihre Projektmappen direkt aus Visual Studio 2012 auf einer Remotesite veröffentlichen (das wird jeden, der mit der Verwaltung der Versionen beschäftigt ist, in den Wahnsinn treiben).

WPF- und Silverlight-Entwicklern steht zwar nicht die minimale Blend-Integration zur Verfügung, mit der Entwickler von Windows Store-Apps arbeiten können, jedoch sind den Kontextmenüs des XAML-Designers einige Blend-Menüoptionen (wie beispielsweise „Pin Active Container“ und „Create Data Bindings For“) hinzugefügt worden.

 

Team Foundation Service

Die bewährten Methoden im Softwarebereich fördern weiterhin das Erstellen einfacher, dedizierter Objekte, die zusammengeführt komplexe Anwendungen bilden. Folglich wird die Verwaltung der zahlreichen Softwarekomponenten über deren gesamten Lebenszyklus zunehmend wichtiger. Die Basis für ALM-Tools (Application Lifecycle Management, Anwendungslebenszyklus-Verwaltung) wird im Microsoft-Universum von Visual Studio Team Foundation Server (TFS) gebildet. Besonders bei kleinen Teams wird jedoch angenommen (manchmal fälschlicherweise), dass die Kosten für Installation, Konfiguration und Verwaltung von TFS jeglichen Vorteil, den ALM bringen könnte, wieder aufheben. Hier kommt Team Foundation Service ins Spiel: Denn das ist TFS in der Cloud.

Obwohl Team Foundation Service noch im Vorschaumodus ist, können Sie bereits unter tfspreview.com damit experimentieren (oder zumindest die Features ansehen). Team Foundation Service lässt sich sowohl in Visual Studio 2012 als auch in Eclipse integrieren (es stehen allerdings nicht alle Features für Eclipse zur Verfügung).

Mit Team Foundation Service können Sie PowerPoint zu Beginn Ihres Anwendungsentwicklungsprozesses als Storyboard für die Anwendung verwenden. Sobald die Entwicklung ihren Anfang genommen hat, bietet Team Foundation Service neben der Quellcodeverwaltung und kontinuierlichen Komponententests (jedoch nur beim Eincheckvorgang) auch Tools zum Verwalten von Informationen über Features, Aufgaben, Fehler, Feedback und Rückstand. Das Einrichten von fortlaufenden Integrationsbuilds ist relativ einfach (zumindest bei einfachen Projekten) und umfasst die automatische Bereitstellung in Windows Azure. Mit dem webbasierten Tool Team Explorer können Sie Ihr Projekt überall aufrufen.

Als dieser Artikel geschrieben wurde, waren noch keine Preise veröffentlicht. Microsoft hat versichert, dass es auch nach dem Vorschaumodus eine kostenfreie Option für Team Foundation Service geben wird. Allerdings wurde seitens Microsoft auch geäußert, dass es für Benutzer, die mit der kostenfreien Version nicht zufrieden sind, kostenpflichtige Angebote geben wird.

Upgrade?

Seit Visual Studio 2008 ist Visual Studio von der entsprechenden Microsoft .NET Framework-Version „getrennt“, das heißt, Sie können ein Upgrade auf die neue IDE vornehmen, ohne die Framework-Version zu aktualisieren. Mit Visual Studio 2012 sind Sie sogar noch freier in Ihren Entscheidungen, da die Projekte nicht automatisch – und unwiderruflich – auf .NET Framework 4.5 aktualisiert werden. Sie können ein Projekt problemlos zwischen Visual Studio 2012 und 2010 wechseln, sofern Sie in Visual Studio 2012 nicht mit SQL Server 2012 Express LocalDB (einer konfigurationsfreien SQL Server Express-Version, die nur in Visual Studio 2012 unterstützt wird) oder anderen Features arbeiten, die nur in .NET Framework 4.5 verfügbar sind.

Wenn Sie auf .NET Framework 4.5 aktualisieren möchten, müssen Sie natürlich auch auf Visual Studio 2012 aktualisieren. Planen Sie keine Aktualisierung auf .NET Framework 4.5, lohnt es sich dennoch, über Visual Studio 2012 nachzudenken. Der Preis ist vernünftig (Professional für 499 $ ohne MSDN-Abonnement), und für ASP.NET-Entwickler ist möglicherweise die Seitenprüfung allein die Anschaffungskosten wert. Windows Azure-Entwickler werden die umfassendere Integration in Visual Studio 2012 zu schätzen wissen. Zudem sind die neuen Tools im Projektmappen-Explorer und im Test-Explorer ausgesprochen praktisch. Und zumindest sollte sich jeder .NET-Entwickler mit der Vorschauversion beschäftigen.

Peter Vogel ist Leiter der Firma PH&V Information Services und hat sich auf die ASP.NET-Entwicklung mit den Schwerpunkten serviceorientierte Architektur und XML sowie Datenbank- und Benutzeroberflächendesign spezialisiert.

Unser Dank gilt den folgenden technischen Experten für die Durchsicht dieses Artikels: Mike Abrahamson und Mike Fourie